Stuttgart 21, die Gewalt eskaliert und der Spiegel ist sich nicht zu schade, eine Protestlerin als verklärte, gewaltbereite 50-Jährige darzustellen. Ich zitiere:
Ach, schwärmt sie, „diese ausgelassene Stimmung, Sie hätten das erleben müssen“; Stefanie Brekerbohm klingt auch zwei Tage danach noch ganz aufgekratzt. Als hätte sie ein wunderbares Fest gefeiert, sich mit ihren 50 Jahren endlich mal wieder so jugendfrisch, so jugendfrech gefühlt wie einst mit 18. Ein Rausch der Sinne, eine süße Rebellion, „das war ein Befreiungsschlag, nach all dem, was wir erdulden mussten“, erzählt sie, die sorgfältig geschminkten Augen weit aufgerissen. „Diese ganze Wut musste halt mal raus.“
Es folgen auch noch ein paar Fakten: „Die Polizei zählte neun verletzte Beamte, auf einen hatten Demonstranten so hart eingeprügelt, dass jetzt ein Verfahren wegen versuchten Totschlags läuft.“
Der „schwarze Donnerstag am 30. September 2010 im Schlossgarten, als die Polizei mit Wasserwerfern in die Menge hielt“ taucht zwar im Artikel auf, aber wie viele verletzte Demonstranten gab es da noch mal? Die Zahl fehlt! Bitte ergänzen! Nicht zu vergessen, dass die Polizei bei dieser Aktion mitten in eine Ansammlung von Schülern stürmte (nicht nur mit Wasserwerfern, das fehlt auch im Text) und viel von ihnen krankenhausreif die Demo verließen…
Warum ist jetzt so ein massiver Protest ausgebrochen? Wie viele Demonstranten waren es im Schnitt, als es ruhiger zuging vorm Stuttgarter Hauptbahnhof? Und wie viele waren es jetzt? Und warum ist das so? Weil die Bahn einfach weiterbaut. Aber das muss man im Hinterkopf schon drinhaben. Weil im Artikel steht das nirgends. Wenn schon, denn schon, lieber Spiegel. P.S.:Eine Hemmschwelle kann glaube ich nicht „schwach“ sein, höchstens „niedrig“… Nur mal so.
Demnächst heißt die Werbung „Bild dir deinen Spiegel!“ – oder „Spiegel dir dein Bild!“. Beide sind oft genug undifferenziert, das andere Blatt auf intelektuellem Niveau.
Arbeitest du Vollzeit (in der mir bekannten Arbeitsstelle) oder heimlich in der Werbung?
Und es muss natürlich „intellektuell“ heißen.