Archiv | September, 2012

Neues Hörgerät

21 Sept

Ah, jetzt, ja! Jetzt verstehe ich diese ganze Werbung für Hörgeräte im Fernsehen… Weil ich habe mir nach sieben Jahren(!) neue Ohrstöpsel für den iPod gekauft. Das kostet 29 Euro und ist wahrscheinlich die beste Investition des Jahres. Denn jetzt höre ich da, wo vorher nur fünf Tonspuren waren, ungefähr 870 Tonspuren! Eine Akustik, als wäre die Elbphilharmonie doch schon fertiggebaut, und das in einem einzigen streichholzschachtelgroßen Gerät. Außerdem haben die neuen Hörer eine Remote Control, mit der ich laut Bedienungsanleitung sogar Anrufe annehmen kann. Wie das gehen soll bei jemandem wie mir, der schon sein Handy meistens nicht hört, ist mir allerdings ein Rätsel…

Tatort ohne Beinkleid

17 Sept

Gestern war ich auf einer Hochzeit in einem Landgasthof. Das hatte ich gar nicht vor, aber die ARD kann unerbittlich sein. Die Hochzeitsfeier ist allerdings ein bisschen ausgeartet: Auf einmal kamen zwei schwarz gekleidete Männer rein und dann gab es ein einziges Rumgeschreie, Rumgezerre und Geschubse mit viel Waffengefuchtel, laut war das und voll anstrengend. Einzig der draußen im Dunkeln und ohne Beinkleid herumtappende Hochzeitsgast, der nur mal eben mit dem Hund raus wollte, also der hat mich aufgeheitert. Was die Herren und Damen Tatortproduzenten wohl bisher noch nicht wissen: Ich hasse es, wenn sich alles in Pseudo-Echtzeit an nur einer Location abspielt! Da hilft nur nebenher kleine Päckchen mit dänischen Lakritzstangen aufpacken, vierhändige Thaimassage für die Katze, zwischendurch die Tee-Abteilung im Küchenschrank aufräumen, um dann bei der Rückkehr vor die Mattscheibe zu sehen, dass die alle da immer noch nicht weitergekommen sind. Wenn man um 21.45 Uhr feststellt, dass das anstrengendste am ganzen Tag der Tatort war, dann ist irgendwas falschgelaufen! Nette Idee mit der verlorenen Hose, ansonsten hat dieser Tatort auf ganzer Linie verloren.

Achtung, Postbote

10 Sept

Was für ein gruseligschöner Tatort gestern: „Borowski und der stille Gast“. Ein Stalker, der Schlüssel nachmachen kann, Briefe mit Wasserdampf öffnet und eine Passion für Zahnbürsten hat, die bei dunkelhaarigen Frauen wohnen.

Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass außer mir noch jemand in der Wohnung ist. Wie sich dann meistens herausstellt, handelt es sich um eine Katze. Postboten gegenüber bin ich mißtrauisch, vor allem wenn sie ne Designerbrille tragen und wissen, wo die Kaffeefilter im Hängeschrank sind (bei mir tut es der Espressokocher, keine Filtertüten, Glück gehabt).

So spannend war der Kieler Tatort, dass ich mich original erschreckt habe, als es geklingelt hat. War aber nur jemand, der einen bei mir geparkten Schlüssel abholen wollte. Ach ja, und vor dem Zähneputzen habe ich mich versichert, dass das Putzwerkzeug schon benutzt ist. Und auf den Spiegel gehaucht habe ich auch. Heute gab es keine gruselige Paketlieferung, nur die Zeugen Jehovas haben geklingelt (ausgerechnet heute?). „NeindankeaufgarkeinenFall!Danketschüs“, und dann der Abspann.

Nicht ohne meinen Ikea-Katalog

5 Sept

Alle Jahre wieder: Alle haben sie den neuen Ikea-Katalog, nur ich nicht. Keiner im Briefkasten, keiner auf der Treppe, schluchz. Aber jemand, der es gut mit mir meint, hat mir die Autumn/Winter/Spring/Summer-Kamprad-Kollektion zukommen lassen, damit ich ihn oldschoolmäßig blättern und all die Dinge ankringeln kann, die ich nicht brauche.

Ein echtes Highlight: Die Katze, die in ihrer eigenen Ausstellung herumtapst. Ergo: Wenn das Motiv stimmt, kann auch der Rahmen nur semischön sein. Überhaupt kommt dieses Mal fast keine Seite ohne Tiere aus, egal ob Schmetterlingsposter im Hintergrund, eine kleine Karawane Stofftiere, die sich an einem Stapel Stoffe vorbeischlängelt oder das Frettchen und das Bambi, die auf Seite 28/29 unter Glashauben gefangen gehalten werden (Foto rechts).

Sehr gut angekommen ist bei mir  die Idee, eine Ikea-Kommode mit viel Farbe zu bewerfen (sieht gleich viel besser aus!), einige andere Selber-mach-Projekte wie spiddelige Tischbeine mit Rosenstoff zu umwickeln oder eine Kommode mit Stoff zu bekleben sehen hingegen so aus, als hätte die Art-Direktion vergessen, sie noch rauszuwerfen.

Außerdem gefallen haben mir die merkwürdige Lampe mit Ballettseide (ist auf jeden Fall ein Statement, die Frage ist nur, was für eins) und der Yoga-Aspekt mit meditierendem Mann und lila Wand auf Seite 54. Versteckt auf Seite 16 habe ich dann als Lohn dafür, dass ich auch die Drumherum-Texte lese, diesen schönen Satz gefunden: „Es gibt mehr im Leben als Möbel“. Da gebe ich Euch so recht!

Fernseh-Geisterbahn

3 Sept

Ein niegelnagelneuer Tatort aus Köln, da habe ich mich doch tatsächlich auf den Sonntagabend gefreut. Ein bißchen. Denn schon nach der dritten Großaufnahme von dem süßen Hund war mir irgendwie klar, dass der noch sterben wird. Wuff, schnäuz. Köln schien gestern nur aus dunklen, unwirtlichen Ecken zu bestehen, und mittendrin eine wild tanzende und düster dreinblickende Anna Loos und zwei zähneputzende Komissare. Kurzum: alles, was ich lieber nicht sehen würde.

Also schnell den Strohhalm aus der Spielkiste herausgeholt und einmal durch die ganze Wohnung mit der Katze gespielt. So konnte ich wunderbar die unsehbare Debatte bei Jauch überbrücken um dann auf einer sicheren Bank bei Kommissar Beck zu landen. Auch wenn es so scheint, als würde das ZDF jedes Mal die gleiche Folge senden, ist mir das allemal lieber als diese Tatorte, in denen die Kommissare mit den Verdächtigen persönlich bekannt sind!

Dann jedoch, kaum hatte ich mich vom Tatort erholt, hat die fernsehgruselige Geisterbahn direkt wieder an Fahrt aufgenommen: Richard David Precht plus Gast in einem Lampenladen, wie sie sich tief in die Augen sehen und so gewichtige Sätze von sich geben wie „Die Schule wird es so in zehn Jahren nicht mehr geben, oder es wird dieses Leben so nicht mehr geben in zehn Jahren.“ Aha! Dazu diese merkwürdig nahe Kameraführung, als würde ich in meinem Fernsehgerät sitzen, und mit mir selbst skypen. Mir haben eindeutig zwei Gläser mit Whiskey auf dem Tresen gefehlt und ich habe auch nicht mehr mitgekriegt, wer wessen Hand zuerst genommen hat.  Nein, ich war bedient mit dem Abendprogramm, und hätte mir stattdessen Kommissar Beck und seinen Nachbarn an den Tisch gewünscht. Den Fernseher behalte ich wohl noch, aber das komische Bestsellerbuch von Precht, dass mich fett angrinst in meinem Bücherregal, das muss sehr bald ausgesetzt werden. Am besten heute noch!