Tag Archives: Lederjacke

Kleine Teller, großartige Aussichten

10 Jul

Montag vor einer Woche war die große Eröffnung vom schwedischen Möbelhaus in Altona. Die Verlockung war groß, gleich am ersten Tag dort hinzugehen und überall anzufassen, wo noch nie zuvor jemand angefasst hat. Ich sah mich schon wie einen kleinen Frosch mit Saugnäpfen an den großen Scheiben von innen herumtatzen und den Hier-ist-alles-neu-Geruch inhalieren.

Nun also, eine Woche und noch ein bisschen später konnte ich doch nicht mehr länger standhalten. Aus der Mittagssonne direkt durch den großen Schatten, den der Möbel-Block wirft, direkt hinein ging ich. Überall Rolltreppen wie im Charles de Gaulle-Airport, ein extra Rolltreppenband für die Einkaufswägen gibt es, die ruckeln dann so ein bisschen herum wie in der Geisterbahn. Extra für mich ist da ganz viel unverputzter Waschbeton und der Rest sieht dann aber aus wie überall bei Ikea. Laaaaaaangweilig.

Damit man aber doch irgendwann wieder aufwacht, haben sie Ausstellungs- und Mitnahmebereiche bunt gemischt und über alle Etagen verteilt, so dass man sich wenigstens ein bisschen konzentrieren muss und als Krönung die Kassen im 2. Stock angesiedelt. In der mikro-kleinen Stoffabteilung bekam ich eine sehr freundliche und umfassende Beratung, um dann einen Meter Stoff zu kaufen, den ich mit der einzigen und leider ziemlich unscharfen Schere selbst zuschneiden durfte. Danach war ich mit meinem Programm erst mal fertig und ging schnurstracks zum Lachs.

Das Restaurant bezaubert weniger durch sein Angebot als durch die großartige Aussicht auf die Einkaufsstraße darunter. Während ich also den Lachs mit Zitrone beträufelte und das ermüdete Dillzweigchen darauf bedauerte, war ich schon sehr abgelenkt von den ganzen sommerlichen Dekolletés, die unten die Straße längsschwebten. Einfach mal die Perspektive wechseln, voilà.

Ich habe entdeckt, dass auf dem Tisch ein rosenquarzfarbenes Himalaya-Salz steht, das hat dem Fisch gut gefallen. Ich habe mich gefragt, wie man es schafft ein Essen für einen Erwachsenen auf einen so kleinen Teller zu packen. Und warum gibt es bei IKEA so überproportional viele Schwangere und Rollatoren? Bei genauerem Hinsehen entpuppten sich die Gehwägelchen jedoch als fahrbare Untersätze für gaaaaanz viele Tabletts und eine Frau neben mir hatte da schön ihre Lederjacke drauf drapiert.

Schließlich hatte ich alles verputzt, alles Guckenswerte geguckt und wenigstens das Gefühl, ich hätte irgendwas angefasst, das erst seit 10 Tage angefasst wird. Kaum hatte ich mich erhoben an meinem Fensterplatz hatte ich original zwei Tabletts im Rücken und eins im Bauch. Weil so ein Fensterplatz mit so unglaublichen Aussichten, das hat sich wohl schon rumgesprochen, ist ja wohl das allerbeste, was einen über so kleine Teller wegtrösten und zum Voyeur wider willen machen kann!

Das Gegenteil von Fußball-Fieber

14 Jun

Die Nationalelf macht ein super Spiel gegen Holland, doch die Berichterstattung im ZDF kann es nicht feiern. In der zweiten Reihe auf Usedom stehen Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn wie zwei im Fußball-Niemandsland gestrandete und zelebrieren das Gegenteil von Fußball-Fieber. Schwenk über die brackig-dunkle Ostsee, unterkühlte Atmosphäre am Moderatoren-Pult, Silberjacke und Lederjacke haben sich nicht viel zu sagen. Die Kommentare der EM-Guck-Gesellschaft gestern: „Warten die auf ein Ufo?“ „Wer zieht die eigentlich an?“ „Einmal Bregenz, immer Bregenz?“ Gern gelesen habe ich dazu die Zeilen der Welt („Realsatire“), „Was soll das?“ fragt der Stern und die Süddeutsche stellt fest „Ach, das ist gar nicht Danzig!“. Zur Beruhigung der Fußball-Nerven heute die Vorrundenspiele in der ARD… Das ZDF kriegt nur Silber, höchstens.

Jackenkasper

30 Apr

So ging es heute den ganzen Tag: Jacke an (vor dem Sport), Jacke aus (Sportsachen an), Jacke wieder an (nach dem Sport), war aber ganz schön warm in der Sonne, also Jacke wieder aus, auf dem Fahrrad war es aber noch frisch (Jacke an), auf der Bank in der Sonne warm (Jacke aus), und als sie dann wieder weg war, musste die Jacke wieder an.

Während ich mich langsam gefühlt habe wie ein Jackenkasper, habe ich bemerkt, dass andere Menschen das Jackenthema wesentlich pragmatischer angehen. Entweder sie haben eine schön dicke Lederjacke an und ziehen die stur gar nicht aus. Oder sie haben einfach nur ein T-Shirt an, schon gar keine Jacke dabei, aber auf jeden Fall eine Sonnenbrille auf der Nase.

Passende Ohrringe für wechselwarme Menschen wie mich habe ich bei Topshop entdeckt für schlappe sieben Euro. Sehen  ein bisschen nach Geschenk vom Klempner aus, aber haben eindeutig mehr Stil als ein Einhebelmischer.

Sonntag, falsch vorhergesagt

18 Sept

Sonntag, heute warst du ganz falsch vorhergesagt. Das ist ein Glück, dass die Metereologen trotz Wetterhäuschen und Riesencomputern immer noch daneben liegen können. Dank dem schlecht vorhergesagten Wetter hat meine Wohnung heute einen Großputz bekommen, und als schließlich alles blinkte und blitzte und es immer noch nicht geregnet hat, war dann ein richtiger Sonntagsspaziergang drin in der schönsten Herbst-Nachmittagssonne. So habe ich zum Beispiel den Mann mit schwarzer Schnuffeldecke gesehen, die er hinter sich herzog wie ein Dreijähriger und dabei sehr glücklich ausgesehen hat, auch wenn die Decke vom auf dem Boden schleifen schon ganz belaubt und angedreckt war. Auch die Frau, die ihrer kleinen Tochter die gleiche schwarze Lederjacke angezogen hat, die sie ein paar Nummern größer selbst trägt, hätte ich sonst wohl nie gesehen. Und auch nicht die junge Frau mit fünf Terriern an der Hand, die hat mich sofort an die Hundesitterin in „King of Queens“ erinnert. Spazierengehen ist eben doch was anderes als Fahrradfahren, wo alles nur so an einem vorbeisaust. So habe ich den Pizzaduft aus Joeys neuer Filiale gegenüber von Max Bahr gerochen, aber auch die süße Duftfahne von zwei Teenagern in der Fußgängerzone, das war nicht so angenehm. Außerdem habe ich festgestellt, dass Männer wohl gerne Schaufensterbummel machen (ich dachte schon das wäre abgeschafft), während es die Frauen zu Rossmann oder in den Bahnhof zieht, wo man wenigstens für irgendwas Geld ausgeben kann. Auf dem Heimweg habe ich noch die Autos gesehen, die auf ihren Autozug in den Süden warten, und interessanterweise sind die Insassen immer viel sonnengebräunter als die Leute, die auf der Straße herumspringen. Dann haben die wohl auch besseres Wetter gehabt. Nur wo?